Die Rollen einer Führungsperson
- Moja Buholzer

- 25. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Inhalt
«Weisst du, manchmal komme ich mir vor, als wenn ich zehn Personen gleichzeitig sein sollte. Dann weiss ich manchmal gar nicht mehr, wer ich als Chefin wirklich bin», erzählt mir meine Freundin Claire kürzlich beim Kaffee.
Claire ist Teamleaderin in einer Marketingfirma, eine langjährige Freundin – und, meiner Meinung nach, eine exzellente Führungsperson.
Claire erzählt weiter: «Mir ist klar, dass ich mich ums Team kümmern muss, Entscheidungen zu fällen haben – aber manchmal bin ich auf einfach nur Fachexpertin. Da brummt mir zwischendurch schon mal der Kopf vor all diesen Anforderungen. Zum Glück habe ich ein mega tolles Team. Weisst du, ich liebe es, mein Team zu managen. Da blühe ich voll auf. Und ich merke auch, wie viel Freude das Team hat, wenn wir gemeinsam neue Projekte angehen – auch wenn diese manchmal echt herausfordernd sein können.»
Claire macht eine Pause, nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee…
«So wirklich schwierig finde ich Konflikten zwischen Mitarbeitenden. Ich tue mich oft schwer damit, aktiv zu werden und einzuschreiten. Da muss ich in eine Rolle schlüpfen, die sich so gar nicht nach mir anfühlt. In diesen Momenten fühle ich mich manchmal ein wenig verloren.»
Als Führungsperson bist du nicht nur einfach «Chef»…
Claire hat recht: Als Vorgesetzte sind wir nicht einfach nur Chef:in. Wir sind Fachexpert:innen, wir sind Manager:innen, wir sind (meist) gleichzeitig Mitarbeitende unserer Vorgesetzten, wir sind Coach und manchmal eben auch etwas «Löwenbändiger». Aus persönlicher wie aus beruflicher Erfahrung weiss ich, wie herausfordernd es für Führungspersonen ist, all diese Rollen unter einen Hut zu bringen, im richtigen Moment zwischen den Rollen zu wechseln – und sie bewusst weiterzuentwickeln. Speziell, weil uns einige dieser Rollen oft natürlich liegen, und andere – wie in Claires Fall – sich so gar nicht nach uns anfühlen.
Aber, welche Rollen decken wir als Führungspersonen überhaut ab?
Nehmen wir Claire als praktisches Beispiel:
1. Fachexpertin
Claire ist «von unten aufgestiegen». Sie war und ist immer noch Fachexpertin. Als solche moderiert sie beispielsweise ein Meeting, in dem es um die Auswahl eines neuen Marketing-Tools geht. Sie bringt ihr Fachwissen ein, erklärt Vor- und Nachteile verschiedener Plattformen und beantwortet Fragen aus dem Team.
👉 Hier punktet sie mit Expertise, oft auf Augenhöhe mit ihrem Team.
2. Managerin
Seit Claire führt, ist sie nun auch Managerin. So steht aktuell beispielsweise ein grosses Marketing-Projekt mit mehreren parallellaufenden Kampagnen an. Claire muss Arbeiten delegieren, koordinieren, Deadlines im Blick behalten und sicherstellen, dass die Schnittstellen mit Sales und IT funktionieren.
👉 Sie behält die Fäden in der Hand, ohne selbst jede Kampagne operativ zu betreuen.
3. Mitarbeiter-Coach
Mitarbeitenden-Entwicklung ist Claire ein grosses Anliegen. So beispielsweise bei Max, einem jungen Marketing-Spezialisten, der eine neue Kampagnenidee entworfen hat. Claire hört sich die Idee an, stellt kritische Fragen und ermutigt ihn, seine Idee weiterzuentwickeln, statt sofort eine Lösung vorzugeben.
👉 Sie begleitet, gibt Feedback und fördert das Selbstvertrauen.
4. Teamentwicklerin
Beim hohen Arbeitstempo im Team treten schon mal Spannungen zwischen zwei Mitarbeitenden auf. So letzthin zwischen Dieter und Claudio, welche sehr unterschiedliche Arbeitsstile pflegen. Claire greift ein, stösst ein Gespräch zwischen den beiden an, moderiert es (falls nötig) und unterstützt beide, Verständnis füreinander zu entwickeln.
👉 Sie fördert Zusammenarbeit und entschärft entstehende Konflikte.
5. Verantwortliche
Auf wenn Claires Team sein Bestes gibt: Zwischendurch ist Mal ein Kunde unzufrieden mit den Ergebnissen seiner Kampagne. Auch wenn verschiedene Teammitglieder beteiligt waren, übernimmt Claire die Verantwortung gegenüber dem Kunden und sucht nach Lösungen.
👉 Sie steht für ihr Team ein und trägt die Konsequenzen.
6. Löwenbändigerin
Nicht alle Teammitglieder performen immer bestmöglich. So hat sich beispielsweise Max wiederholt nicht an Absprachen gehalten und dadurch Deadlines gefährdet. Claire sprich Max offen und respektvoll darauf an, fordert Veränderung ein und sprich bei Bedarf ein Machtwort.
👉 Sie zeigt Haltung und sorgt für Verbindlichkeit.
7. Leitwölfin
Ein wichtige Kampagne ist gescheitert. Die Stimmung ist gedrückt, das Team verunsichert. Claire holt das Team zusammen, ordnet das Scheitern ein, Sucht Lernfelder aus dem Scheitern, bestärkt ihre klare Vision und geht mutig und als Vorbild voran.
👉 Sie inspiriert und gibt Richtung.
8. Angestellte
Auch Claire selbst hat einen Vorgesetzten. Bei der Geschäftsleitung muss sie ihre Strategie präsentieren, das Budget rechtfertigen und die Ergebnisse ihres Teams verantworten.
👉 Sie ist nicht nur Leaderin, sondern auch selbst Teil einer Führungskette.
Vielseitigkeit macht wirksame Führung aus

Claire – genauso wie wir alle in der Führung - bewegt sich je nach Situation zwischen unterschiedlichsten Rollen. Mal führt sie mit Fachwissen, mal mit Klarheit, mal mit Coaching – und manchmal muss sie auch unbequeme Entscheidungen treffen.
Die oben geschilderten Rollen einer Führungsperson sind nicht abschliessend, sondern variieren je nach Funktion. Vielleicht gibt es bei dir noch weitere, relevante Rolle. Oder andere wirken eher im Hintergrund oder sind sogar komplett irrelevant.
Wichtig: Nicht nur für dich kann deine Rollenvielfalt verwirrend sein. Für deine Mitarbeitenden genauso. Und wie du, so nehmen auch sie unterschiedliche Rollen war. Darum kann es je nach Situation hilfreich sein, wenn du klar deklarierst, aus welcher Rolle heraus du grad handelst oder sprichst (bspw. Fachexpertin vs. Entscheidungsträgerin vs. Kollegin) oder welche Rolle deines Gegenübers du grad ansprichst.
Welche Rollen würdest du in deinem Job ergänzen?


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